Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten aktuellen Trends im internationalen Großanlagenbau bei Marine Systems und System Engineering?
Das Umfeld im Großanlagenbau ist weiterhin sehr herausfordernd, die Rohstoffpreise, insbesondere der Ölpreis, bleiben auf niedrigem Niveau. Die teilweise vorhandenen Überkapazitäten verringern die Investitionsbereitschaft erheblich. Das führt zu einem starken Preis- und Wettbewerbsdruck. Darüber hinaus beeinflussen die regionalen und internationalen Spannungen die Investitionsbereitschaft.
Marine Systems profitiert besonders durch die Entscheidung Norwegens, im Unterwasserbereich mit Deutschland zusammenarbeiten zu wollen. Die Marktaussichten sind nicht zuletzt durch eine Reihe weiterer Projekte durchaus positiv. Im Überwasserbereich bestimmen die nationale Vergabe für die Korvetten K 130 und der weitere Fortgang des Projekts MKS 180 wesentlich die nähere Zukunft. Bei System Engineering werden die Wachstumsaussichten insbesondere bei der E-Mobilität gesehen.
Was sind die wesentlichen Herausforderungen für internationale Anlagenbauer und wie positioniert sich thyssenkrupp?
Die größte Herausforderung besteht aktuell in der Volatilität der Zielmärkte. Die Vergabe insbesondere von Neuanlagen gestaltet sich dadurch schwierig. Auf der Projektseite sind die Stichworte EPC / Gesamtverantwortung und lokaler Content bei gleichzeitig anspruchsvollen Vertragsbedingungen wesentliche Treiber. Industrial Solutions muss sehr genau auswählen, bei welchen Projekten Erfolgsaussichten bestehen. Um unsere Kunden von unseren Produkten und Dienstleistungen zu überzeugen, verbessern wir kontinuierlich unsere internationale Aufstellung und Wettbewerbsfähigkeit. Parallel arbeiten unsere Ingenieure täglich daran, unsere Produkte zu verbessern und diese auf Bedürfnisse unserer Kunden zuzuschneiden. Möglich wird dies nicht zuletzt durch die enge Zusammenarbeit unserer Business Units und der Regionen.
Wo sehen Sie die größten Wachstumschancen für thyssenkrupp im Bereich Anlagenbau?
Ganz generell beim Bau von Neuanlagen! Hier verfügen wir über starke technologische Vorteile gegenüber dem Wettbewerb. Aber auch unser Servicegeschäft treiben wir mit Nachdruck voran. Je länger Phasen mit geringen Neu-Investitionen anhalten, desto größer wird der Bedarf nach Service. Die bestehenden Anlagen werden älter und somit servicebedürftiger.
Wir sind beim Kunden vor Ort und kennen dessen Bedürfnisse ganz genau.
Wie schätzen Sie das Marktumfeld im Großanlagenbau ein und wo liegen die Wachstumsmärkte mit dem größten Potenzial (Branchen, Regionen)?
Die großen Projekte sind in intensivem Wettbewerb. Wir werden also viele Projekte mittlerer Größe gewinnen müssen, um unsere Ziele zu erreichen. Hierbei werden uns unsere regionale Präsenz und unser Wissen um die lokalen Verhältnisse helfen. Wir sind beim Kunden vor Ort und kennen dessen Bedürfnisse ganz genau.
Gibt es interessante Forschungsprojekte, an denen Industrial Solutions arbeitet?
Wir legen unseren Schwerpunkt aktuell auf Themen wie Ressourceneffizienz, die Energiewende und den Klimaschutz sowie die Digitalisierung. Hier einige Beispiele: Die Business Unit Cement Technologies arbeitet an Zementsorten mit neuen Zuschlagsstoffen und am Einsatz von alternativen Brennstoffen. Die Entwicklung großer Redox-Flow-Energiespeicher und Wasserelektrolyse-Zellen zur H2-Erzeugung, zum Beispiel durch Wind- und Sonnenstrom, gehören zu den Schwerpunkten der Business Unit Electrolysis & Polymers Technologies. Darüber hinaus arbeitet Industrial Solutions im Projekt Carbon-to-Chem eng mit der Business Area Steel Europe und der thyssenkrupp AG zusammen. Unsere Digitalisierungsinitiative geht quer durch alle Business Units.
Was benötigen unsere Kunden am meisten und wobei können wir sie am besten unterstützen?
Viele unserer Kunden im Anlagenbau sind in der Grundstoffindustrie beheimatet. Daraus folgt, dass unsere Anlagen im Betrieb zuverlässig und sparsam sein müssen – bei gleichbleibender Produktqualität. Sie sollten wartungsarm und im Falle einer Wartung oder Reparatur schnell wieder auf Leistung sein. Dies beschreibt das Anforderungsprofil für unsere Forschung und Entwicklung. Der Service und das Thema Automatisierung / Digitalisierung nehmen dabei einen immer größeren Raum ein.